Mein Schloss ist ein Stall!
Gott braucht keine Vollkommenheit nach menschlichen Maßstäben um Großes zu tun. Das zeigt die Weihnachtsgeschichte:
Die hochschwangere Maria trägt Gottes Sohn unter`m Herzen. Gerade jetzt findet eine Volkszählung statt und der beschwerliche Weg von Nazareth nach Bethlehem muss bewältigt werden. Eine Frau sehnt sich nach Ruhe, Geborgenheit und Sicherheit, wenn sie weiß, dass die Wehen jeden Moment beginnen können. Davon hat Bethlehem nichts zu bieten. Eine Stadt überfüllt mit Menschen, kein Zimmer mehr frei zum Übernachten. Nur ein Stall! Aber in dieser, auf den ersten Blick erbärmlichen, Kulisse beginnt die Rettung der Menschheit. Gott wirkt inmitten der Unvollkommenheit!
Bei mir ist das noch nicht richtig angekommen. Bei dir?
Warum versuche ich oft ein Schloss zu präsentieren, wenn in Wirklichkeit nur ein Stall da ist? Muss ich mich für den Stall schämen? Ja sicherlich, von außen sieht er nicht so viel versprechend aus und es riecht nach Mist, wenn man näher kommt. Aber auf seine Art strahlt er auch Schönheit aus. Der Duft des Heus, die Wärme der Tiere, die Gemütlichkeit des Holzes…
Warum fällt es so schwer, zur eigenen Unvollkommenheit zu stehen?
In diesem Zusammenhang haben mich die Gedanken von Carl Rogers, die ich im Kalender „Der andere Advent 2014/15“ gelesen habe, angesprochen:
„In meinen Beziehungen zu Menschen habe ich herausgefunden, dass es auf lange Sicht nicht hilft, so zu tun, als wäre ich jemand, der ich nicht bin. (…) Ich spüre, dass ich den Umständen gerechter werde, wenn ich mir erlaube, so zu sein, wie ich bin. Es ist für mich einfacher geworden, mich als einen entschieden unvollkommenen Menschen zu akzeptieren, der keinesfalls zu jeder Zeit so handelt, wie ich handeln möchte. Wenn ich mich so, wie ich bin, akzeptiere, dann ändere ich mich.“
Es geht nicht darum, den Stall heraus zu putzen, damit er wie ein Schloss aussieht. Es geht darum, bereit zu sein, seine Stalltüren zu öffnen, sich für den Stallgeruch nicht zu schämen und ein Auge für die Schönheit des Stalls zu haben!
Wenn wir doch alle ein bisschen mehr Unvollkommenheit zulassen würden…