Der Segen, den du nicht siehst.
Ich erinnere mich genau: niedergeschlagen, traurig, zweifelnd gehe ich zum Gottesdienst in einer fremden Gemeinde. Es ist ein verschneiter, erster Weihnachtsfeiertag, aber ich bin nicht in feierlicher Stimmung.
Ich liebe Klaviermusik live gespielt. Stundenlang kann ich einfach nur zuhören (und tue das tatsächlich auch hin und wieder). Diese Leidenschaft kennt nur mein Mann und Gott.
Der Gottesdienst beginnt mit einem Instrumentalstück auf dem Klavier. Die Leute beginnen zu tuscheln. Ich weiß nicht warum. Der Pfarrer begrüßt die Gemeinde mit einer schlechten Nachricht: das Kirchendach hat der Schneelast nicht standgehalten, Wasser ist eingedrungen und hat die Orgel beschädigt – kein großer Schaden, aber heute müssen sich die Gottesdienstbesucher leider mit der Klavierbegleitung zufrieden geben. Mittlerweile ist das in vielen Gottesdiensten normal, an diesem Tag vor ca. 8 Jahren war das tatsächlich etwas sehr Ungewöhnliches.
Ich muss weinen. Ein Gottesdienst nur mit Klaviermusik. Eine Liebeserklärung meines Gottes an mich. Ich fühle mich umarmt von ihm. Als flüstere er mir damit leise zu: ich kenne deinen Schmerz, ich sehe dich und ich werde mich um dein Wohl kümmern.
Ob der Kantor, der Pfarrer, der Kirchenvorstand an diesem Tag geahnt haben, was für ein Segen diese kaputte Orgel ist? Oder ob sie Gott gefragt haben, warum das jetzt, in Zeiten knapper Kirchenkassen, gerade zu Weihnachten passieren musste?
„Betrachte immer die helle Seite der Dinge! Und wenn sie keine haben, dann reibe die dunkle, bis sie glänzt.“ Norman Vincent Peale
Damit soll Traurigkeit, Schmerz, Leid nicht klein geredet werden! Die helle Seite betrachten, dass ist in manchen Momenten nicht dran und in anderen geht es erst (sehr) viel später. Aber in unserem Alltag, in den kleinen Ärgernissen, da lohnt es sich, die helle Seite zu betrachten. Vor allem bei unseren Mitmenschen!