Una Sancta
„Die Una Sancta, die eine heilige katholische und apostolische Kirche ist gar nicht so heilig, wie sie das im Namen trägt. Vor allem ist sie nicht eine oder gar einig. Zerfressen von Interessen, gespalten in Fraktionen und Nationen, im Kampf mit denen, die Brüder im Glauben sein sollten.“
Mit diesem Zitat aus der Zeitschrift „Geschichte – Ketzer, Kaiser, Päpste“ (S.17) möchte ich den 2.Teil des Beitrags über die Papst- Kirche vor Luther beginnen.
Nachdem der Machtkampf der Päpste und der deutschen Kaisern, im Besonderen mit den Staufern (z.B. Barbarosa), im 13.Jhd. seinen Höhepunkt erreicht hat und die Autorität des Papsttums dadurch stark geschwächt wird, kommt es im 14.Jhd. noch „besser“: Nun zieht der „ Bischof von Rom“ um. Nach einigen Machtkämpfen bringt diesmal der französische König einen Wunschkanditaten in Stellung und nach einem elfmonatigen Konklave (die erst seit 1241 stattfinden) wird der Erzbischof von Bordeaux zum Papst , Clemens V., gewählt. Doch der geht nicht nach Rom, sondern verlegt seinen Sitz in die Bischofsstadt Avignon. Mit ihm gerät das Papsttum voll unter französischen Einfluss.
Die Ersten die das zu spüren bekamen, waren die Templer, ein Ritterorden der sich nach seiner Zeit bei den Kreuzzügen in Frankreich weiter betätigte. Dem französischen König „Philipp der Schönen“ wurde die Ehrenmitgliedschaft bei ihnen verweigert und er begehrte ihr Vermögen. Deshalb wollte er sie für immer loswerden. Er fing nun an die Templer häretischer und sexueller Vergehen anzuklagen, viele zu verhaften und zu foltern. Der Papst wollte die Templer zwar verteidigen und schützen, musste sich dem königlichen Einfluss aber beugen und den Templerorden auflösen. Auf viele Templer wartete danach der Scheiterhaufen. Auch der erneut aufflammende Streit zwischen Papst und Kaiser hatte Folgen. Der deutsche König „Ludwig der Bayer“ wurde aus der Kirche gebannt. Er machte aber sein eigenes Ding und lies sich von einem römischem Stadtadligen zum Kaiser krönen. Ein Tabubruch den vorher kein Herrscher gewagt hatte.
Aufgrund dieses Chaos fragten sich die Deutschen: Wozu braucht man noch einen Papst? Das prunkvolle Leben der Kurie in Avignon, die rauschenden Feste, die grassierende Korruption und die effektive Finanzverwaltung, die aus den äußersten Winkeln Europas Gelder in die päpstlichen Kassen lenkte, stießen auf harsche Kritik. Der italienische Dichter Francesco Petrarca nannte Avignon eine „Höhle von Gespenstern und Teufeln, die Schmutzgrube aller Laster, die Hölle der Lebendigen“. 1376 kehrte Gregor XI zwar nach Rom zurück, als er dann aber 1378 starb, kam mit Urban VI ein Tyrann auf den Stuhl Petri. Daraufhin meuterten die meisten Kardinäle und ernannten einen neuen Papst. Doch der konnte sich gegen seinen Widersacher nicht durchsetzen und floh nach Avignon. Jetzt war es also da – das große abendländische Schisma (Spaltung): Ein Papst in Rom, einer in Avignon und ein dritter sollte noch dazu kommen.
Um das Schisma zu beenden, kommt es zu einem Konzil in Pisa. Der neue Avignon und auch der neue Papst von Rom bleiben fern und veranstalten Gegenkonzile. Trotzdem werden sie in Abwesenheit abgesetzt und durch ein Konklave wird ein neuer Papst gewählt, zwei Jahre später wieder ein Neuer: Baldassare Cossa ein ehemaliger Soldat, der auch Pirat gewesen sein soll und nur aus machtpolitischen Gründen sich der Kirche zuwandte. „Beste Voraussetzungen“ für einen guten Hirten. Cossa wird Papst Johannes der XXIII. Jetzt haben wir also drei, die einen Anspruch auf die Papst-Krone erheben. Ein neues Konzil muss her und dieses findet in Konstanz am Bodensee statt. Hier ereilt einen Vorkämpfer Luthers ein tragisches Schicksal: Jan Hus aus Prag hatte wie Luther die Zustände in der Kirche angeprangert, sich dabei auf John Wyclif, einen Engländer, der auch Praktiken wie den Ablasshandel kritisierte, berufen. Die Reformation wirft ihre Schatten voraus. Doch Jan Hus hatte nicht so viel Glück wie Luther. Weil er den Widerruf verweigert, wird er trotz Schutzbrief von Kaiser Sigismund, 1415 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Er soll gesagt haben: „Heute bratet ihr eine Gans, in 100 Jahren kommt ein Schwan.“
Ansonsten überwindet das Konzil das Schisma. Danach gibt es einen neuen und wieder nur einen Papst in Rom. Nach einem letzten Exil in Florenz beginnt in Rom die Zeit der Renaissancepäpste. Nun weht ein frischer Wind durch den Vatikan. Auf dem Papstthron sitzen jetzt erstmals Humanisten. Die Moderne hält Einzug. Der Mensch rückt mehr in den Mittelpunkt, Kunst wird gefördert und ein riesiger Bauboom setzt ein. Dieser wird später die Reformation befeuern. Erste Reformbestrebungen kommen in Gang, bleiben aber meist schnell stecken. Prächtiger gedeiht die Vetternwirtschaft und Korruption. Verwandte bekommen schnell einen Kardinalsrang. Nun, sie haben ja auch reichlich Kinder, was für römisch katholische Priester gar nicht ungewöhnlich ist.
Diese Zustände erreichen mit dem Borgia Papst ihren Höhepunkt. Er hat die meisten Mätressen, entledigt sich seiner Gegner und benutzt seine Kinder für die Macht. Sein Nachfolger Julius II beendet zwar diese Missstände, doch er ist eher Feldherr als Priester. Für seinen Traum von einem Italienischen Staat unter päpstlicher Führung, führt er viele Kriege. Er wird auch „der Blutsäufer“ genannt. Von ihm wird außerdem der Grundstein für den Petersdom gelegt, den sein Nachfolger Leo X mit Ablassgeldern weiterbaut. Leo X sagt: „Gott hat uns das Amt gegeben, also lasst es uns genießen.“ Und während Leo genießt, sitzt in Wittenberg ein Augustinermönch und hat nur eine Sorge: Wie kann ich vor Gott bestehen und wie kann ich Gnade finden? Die Antwort wird er in der Bibel lesen und damit ist die Bühne für einen neuen historischen Akt bereit.
Quellen: Geschichte 12/2010 und 4/2014